Im September 2015 hatte ich mitgeteilt, mich dem Thema „pädosexuelle Netzwerke in der deutschen Pfadfinder- und Jugendbewegung“ anzunehmen. Das habe ich getan. Das entstandene Manuskript umfasst bereits um die 700 (Norm-)Seiten. Für den jeweils aktuellen Status verweise ich auf meine Facebook-Seite.
Im Laufe diesen Monats (Mai 2017) gehen Textabschnitte an meine jeweiligen Informanten zwecks sachlicher Prüfung. Zeitgleich haben einzelne (handverlesene) Personen Textabschnitte beziehungsweise das Gesamtmanuskript zur stilistischen Prüfung erhalten. Es fließen aber immer noch fortlaufend weitere Informationen an mich, welche ich bereit bin, aufzunehmen. Ist hier ein Ende absehbar oder wird es von mir gesetzt, so werden dann den belasteten Personen und Bünden Schreiben zugehen, auf deren Basis sie über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert werden und die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Ich glaube immer noch, dass ich es bis zum Herbst diesen Jahres 2017 schaffen werde, das Buch erscheinen zu lassen. Doch man wird sehen. Sobald es erschienen ist, werde ich auf verschiedenen Wegen darüber informieren. Ich weiß, dass viele Personen mit diesem Buch ein persönliches emotionales Anliegen haben. Diesen sage ich zu, mich keinesfalls auf die unnötige faule Haut zu legen und das Projekt ohne Umwege auf seine Veröffentlichung hin voranzutreiben. Manche Dinge benötigen aber ihre Zeit.
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„Ohne vorgehaltene Hand“
Schweigen im Walde
Ist es nicht erschreckend, wenn auf ein Thema, auf welches eigentlich ein Aufschrei durch die „Szene“ gehen sollte, nur Schweigen im Walde erfolgt? Es geht um den Sexuellen Missbrauch von Kindern – auch in Gruppen der deutschen Jugendbewegung. Da, wo Kinder sind, ist Missbrauch. Eigentlich ganz logisch.
Doch erheblich komplizierter ist es, wenn durch Schweigen, Vertuschen und Verschleiern über Jahrzehnte hinweg Opfer zum Schweigen gebracht, die Taten bagatellisiert wurden und die Täter weiterhin tätig sein konnten – allenfalls ein Wechsel des Ortes und des Umfeldes wurde nötig. Dieses System von den drei Affen hatte nicht nur die katholische Kirche drauf und ganz neutral betrachtet war das früher vielleicht einfach so. Die Furcht vor dem Image-Schaden durch Aufdeckung wog schwerer, als die unmittelbaren Vorteile durch ein unter-den-Teppich-kehren.
Eigentlich dachte ich, inzwischen wäre die Jugendbewegung schlauer. Hätte was gelernt aus den brutalen Wahrheiten, die im Rahmen der Balduinstein-Gerichtsprozesse an das Tageslicht kamen. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Es scheint streckenweise, dass das, was die Bewegung gelernt hätte, sei, dass die Berichterstattung einen solch tollen, super Verein wie das Bildungswerk Balduinstein bis zum Abgrund und darüber hinaus gebracht hätte – und nicht etwa das unsägliche Lavieren der dort Verantwortlichen.
Ist es nur eine Frage des Alters? Ü45 kehrt unter den Teppich, U45 setzt auf offene Kommunikation? Oder der Sozialisation? Jungenschaft und Wandervogel kehren unter den Teppich, Pfadfinder klären eher auf?
Schreibt an als Journalist über das Thema, gibt es plötzlich Gegenwind. Beschimpfungen, man veranstalte eine „persönliche Hexenjagd“ oder die Berichterstattung, die durch einen erfolge, habe „Stürmer-Qualitäten“, geäußert durch einen Univ.-Prof. Dr., lassen einen ins Grübeln kommen. Weniger über die eigene Berichterstattung, als vielmehr über das offenbar emotionale Anliegen des Gegenübers, wieder Schweigen einkehren zu lassen.
Und dann erinnert man sich vage an ein vor Monaten anonym zugesendetes Schriftstück von „Hendrick Busman“, in welchem genau dieser Prof. Dr. in gewisse Zusammenhänge gestellt wurde und kann sich plötzlich erwärmen für Verschwörungstheorien. Und für Kontaktschuld. Denn wer nah dran war am Missbrauch, hat kein Intersse an Aufklärung. Es fällt zu viel auf ihn selbst zurück.
Es reicht die Erwähnung von Namen, um die Androhung einer Unterlassungsklage auf den Tisch zu bekommen – und die pure Androhung reicht bereits, um jedermann einknicken zu lassen und wenn das nicht reicht, werden Maulkörbe vergeben.
Doch ich bin offenbar nicht vernünftig genug, um auf Warnschüsse zu reagieren.
Ich bin nicht nicht einsichtsvoll genug.
Ich bin zu mutig.
Offenbar auch strunzdumm, dass ich einfach nicht begreife, welchen Schaden man „der Bewegung als ganzes“ zufügt, wenn man über Auswüchse und Fehlentscheidungen der Vergangenheit und Gegenwart berichtet. Nestbeschmutzer.
Vielleicht bin ich ja auch besessen. Besessen von der Überzeugung, die Pfadfinder- und Jugendbewegung könne vom Virus der Pädophilie befreit werden.
Die Verantwortung dafür hört nicht an der eigenen Bundesgrenze auf.
Die Verantwortung tragen nicht „die anderen“, diese Verantwortung tragen wir selber.
Das großartige Buch von Christian Füller „Die Revolution missbraucht ihre Kinder“ hört da auf, wo unsere Arbeit anzufangen hätte – bei den unappetitlichen Details der einzelnen Personen und Bünde. Um eine Wiederholung zu vermeiden, müssen wir darüber reden – und es müssen auch Namen fallen. Doch wer nah dran war am Missbrauch, hat kein Interesse an Aufklärung. Es fällt zu viel auf ihn selbst zurück. Manch einer tätigte Falschaussagen vor Gericht, profitierte finanziell von der „Kindesliebe“ durch entsprechende Produkte oder tolerierte als aufgeklärter Geist die „sexuelle Selbstbestimmung“ von Kindern. Diese Personen werden nicht selbst zur Aufklärung beitragen, sie schleudern Steine und beschäftigen Rechtsanwälte. So muss die Enthüllung geschehen durch Leute, die genaugenommen besseres zu tun hätten. Leute wie mich. Leute wie dich?
Auch was zu erzählen?